Spikes

und andere Maßnahmen für entspanntes Radeln im Winter
(Sicherlich keine Idee von mir, aber so gut und noch so wenig verbreitet, dass ich im Folgenden ein paar Erfahrungen mitteilen will)
 

Radeln im Winter nur etwas für "harte Mädels und Burschen"?

Ich fahre nach einem langen Büro-Alltag durch den nächtlich verschneiten Westpark. Der Schnee verschluckt alle Geräusche und es ist still. Eine angenehme Ruhe und Entspannung stellt sich ein und ich genieße den Blick über die verschneiten Wiesen, Hügel und Seen. Der Heimweg nimmt mir die Spannung vom Tage und ich komme zufrieden zuhause an.

Auf dem Weg fahre ich über freien Asphalt, über gepressten Schnee, über blankes Eis, teilweise mit Spurrillen. Alleine die Vorstellung hätte mich noch vor wenigen Jahren so unter Spannung gesetzt, dass ich all die schönen Dinge gar nicht wahr nehmen hätte können. Von der reellen Gefahr, insbesondere auf den Straßen, ganz abgesehen.

Konkrete Hinweise

Möglich wird dieser Genuss durch Spikes Reifen, die ich vor wenigen Jahren für mich entdeckt habe. Es ist vollkommen ausreichend, wenn man den Spikes-Reifen nur auf das Vorderrad aufzieht. Das Hinterrad kann zwar kurzzeitig wegrutschen, aber da die Manövrierbarkeit durch das griffige Vorderrad gewährleistet ist, entsteht dadurch im Allgemeinen keine Sturzgefahr. Hingegen lohnt es sich, Spikes mit möglichst vielen Nägeln zu beschaffen (nicht nur zwei Reihen, wie auf dem alten Bild gezeigt). Bereits nur zwei Reihen Spikes sind zwar ausreichend, um bereits fast zuverlässig die vollkommen unerwarteten Stürze zu vermeiden. Vier oder fünf Nagel-Reihen verdoppeln aber den Gripp bei Glatteis und erhöhen das Behaglichkeitsgefühl. Im schlimmsten Falle vereister Spurrillen ist es entscheidender, ob das Vorderrad doch noch aus der Rille raus kommt, als ob das Hinterrad drinnenbleibt. Ferner wirkt sich die ohnehin nur gering gesteigerte Rollreibung bei dem Vorderrad erheblich geringer aus, als bei dem Hinterrad. Daher die Empfehlung, nur das Vorderrad maximal aufzurüsten und erst in der dritten "Eskalationsstufe" das Hinterrad ebenfalls mit Spikes zu versehen.
Es muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass in jedem Fall ein den Bedingungen angepasstes Fahrverhalten erforderlich ist. Wer vereiste Gefällestrecken im flotten Tempo bewältigen will und im Gefahrenfall das Hinterrad zum Bremsen heranziehen will, der muss damit rechnen, dass ein unbespiketes Hinterrad ihn dann überholt.
Meine Intention hinter der Empfehlung, das Hinterrad auszulassen, liegt darin, die Hemmschwelle zur Verwendung von Spikes-Reifen zu senken, die Zahl der Spikes-Nutzer und damit die verbreitete sicherere Nutzung des Fahrrades im Winter zu erhöhen.

Vielfach wird gefragt, wie sich Spikes auf offenem Asphalt verhalten. Sie haben tatsächlich verschlechterte Haftung, was heißt, dass bei bei Vollbremsungen beispielsweise auf Fußweg-Betonplatten das Vorderrad rutscht und nicht, wie bei Sommerreifen üblich, das Hinterrad steigt. Auf Asphalt ist die Haftung erheblich besser. Auch von extremen Kurvenlagen muss abgeraten werden. Dafür erhält man aber schnell ein Gefühl, da die Spikes bei größerer Kurvenschräglage ein kratzendes Geräusch von sich geben, welches den Fahrer warnt. Bei Geradeausfahrt geben Spikes auf Asphalt ein leicht nagelndes Geräusch von sich, welches aber keinen störenden Geräuschpegel erreicht.
Der Verschleiß der Spikes ist geringer, als der Verschleiß des Reifengummis. Auch nach mehreren Jahren Winterfahrt mit dem selben Reifen (einige tausend km) Haben meine Spikes nicht an Wirkung eingebüßt und tun so, als würden sie es noch einige weitere tausend Kilometer machen wollen. Bei gewöhnlicher Fahrweise sind Spikes vollkommen unproblematisch und stören auch auf Asphalt nicht. Ich ziehe daher die Spikes auf das Vorderrad auf, sobald ich vermute, dass die erste Eisglätte im Jahr bevorsteht und ich wechsle sie im Frühjahr, sobald ich mir relativ sicher bin, dass kein Eis mehr kommt. In der Zwischenzeit fahre ich relativ unabhängig von dem tatsächlichen Straßenzustand durch den gesamten Winter mit den Spikes durch und genieße diese besondere Art von Wintersport.

Zu erwähnen wäre an dieser Stelle noch, dass natürlich die warme Kleidung noch eine entscheidende Rolle für den Genuss spielt. Schämen Sie sich nicht, lange Unterhosen anzuziehen (es gehen auch zwei übereinander, wenn die Temperaturen zweistellige Minusgrade erreichen und im Büro nicht extrem geheizt wird), eine warme Jacke und vor Allem dicke Handschuhe und Mützen. Warum bewundern mich immer noch Leute für meine Kälteunempfindlichkeit auf dem Fahrrad, die mir kurz zuvor vom zweiwöchigen Winterurlaub in Davos vorgeschwärmt haben?

Das Tragen eines Helmes ist im Winter ebenso sinnvoll, wie im Sommer.
Auch der Nabendynamo hat sich für mein Winterrad gut bewährt. Selbst bei guten Seitenläufern besteht sonst die Gefahr des Durchrutschens und das Licht fällt aus.

Reihen Sie sich ein in die wachsende Zahl vermeintlich "harter Mädels und Burschen", die in Wirklichkeit das Fahrradfahren fast genauso entspannt genießen, wie das restliche Jahr!

 

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